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PRESSEMITTEILUNG: Ratsbürgerentscheid zur Errichtung von Windkraftanlagen

Mit Datum 13.02.2023 / 19:07 Uhr übersandte die Kommunalaufsicht des Oberbergischen Kreises (OBK) betreffend des Ratsbürgerentscheides dem Bürgermeister der Gemeinde eine Verfügung...


Hierin wird ausgeführt, dass die angedachte Auszählung nach Dekaden – bei Wahlen durchaus üblich – für die Auszählung eines Ratsbürgerentscheides nicht angewandt werden darf. Auch wenn die Verwaltung hier anderer Auffassung ist, wird bei der Auszählung der Kommunalaufsicht gefolgt.

Im Weiteren geht die Kommunalaufsicht auf die Bestimmtheit der Fragestellung ein. Hierzu führt die Kommunalaufsicht des OBK wie folgt aus:

… Darüber hinaus weise ich darauf hin, dass der Ratsbeschluss vom 22.09.2022 betreffend die Durchführung eines Ratsbürgerentscheides voraussichtlich rechtswidrig ist. Im Ergebnis soll nämlich lediglich eine Grundsatzentscheidung herbeigeführt werden, welche einer allgemeinen Meinungskundgabe gleicht. Gefragt wird nämlich lediglich, ob die Bürgerinnen und Bürger mit der Errichtung von Windkraftanlagen durch die Gemeindewerke Nümbrecht „einverstanden“ sind. Eine abschließende Entscheidung, die nach der Rechtsprechung erforderlich ist, wird durch eine derartige Abstimmungsfrage nicht herbeigeführt.

In diesem Zusammenhang verweise ich beispielhaft auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Münster vom 09.09.2022, Az.: 1 L 519/22, in der es heißt: „Aus § 26 Abs. 1 Satz 1 GO NRW ergibt sich, dass ein Bürgerbegehren auf eine konkrete Sachentscheidung gerichtet sein muss. Unzulässig sind resolutionsartige Meinungskundgaben.

Zudem muss der angestrebte Bürgerentscheid die abschließende Entscheidung über eine Angelegenheit der Gemeinde anstelle des Rats selbst treffen. Das Bürgerbegehren darf sich nicht lediglich darauf beschränken, dem Rat generelle Vorgaben für eine von ihm noch zu treffende Entscheidung zu machen, oder bloß auf das Verfahren zielen, in dem die spätere Entscheidung getroffen werden soll. Damit soll verhindert werden, dass ein Bürgerbegehren aus einem Problembereich lediglich unselbständige Einzelfragen zur Entscheidung stellt und damit eine sachgerechte Lösung des Gesamtproblems nicht in den Blick nimmt.“ …

Soweit die Rechtsbeurteilung seitens der Kommunalaufsicht.

Bereits zur Erstellung der Ursprungsvorlage (Versendetermin 02.09.2022) hatte die Verwaltung die Fragestellung mit einem Fachanwaltsbüro abgestimmt. Gerade die inhaltliche Bestimmtheit war dabei insbesondere Prüfgegenstand. Hieraus ergab sich schlussendlich die den Ausschüssen und dem Rat vorgelegte Fragestellung zum Ratsbürgerentscheid.

Die Kanzlei bleibt bei ihrer ursprünglichen Ansicht und führt wie folgt aus:

„Ich habe mir die Argumentation der Kommunalaufsicht zur Formulierung der Frage angesehen. Ich kann diese ehrlich gesagt nicht nachvollziehen.

Es stimmt zwar, dass eine Frage nicht zulässig ist, wenn sie lediglich auf eine mehr oder weniger unverbindliche Meinungsäußerung gerichtet ist. Hiervon ist vorliegend aber nicht auszugehen. Die Kommunalaufsicht macht ihre Einschätzung maßgeblich daran fest, dass die Frage nur auf das „Einverständnis“ der Bürgerinnen und Bürger mit der Errichtung von Windkraftanlagen gerichtet ist. Schon nach allgemeinen rechtlichen Grundsätzen ist ein Einverständnis doch aber mehr als eine mehr oder weniger unverbindliche Meinungsäußerung. Mit ihrem Einverständnis bringen die Bürgerinnen und Bürger vielmehr zum Ausdruck, dass die Windkraftanlagen errichtet werden sollen. Damit wird aus meiner Sicht eine abschließende Sachentscheidung durch die Bürgerinnen und Bürger anstelle des Rates getroffen und nicht nur eine mehr oder weniger unverbindliche Meinungsäußerung getätigt. Diese Sachentscheidung ist auch bürgerentscheidsfähig, da sie als Grundsatz- und Projektbeschluss zu qualifizieren ist, mit dem weichenstellend „grünes Licht“ für ein bestimmtes Projekt gegeben wird (vgl. OVG Koblenz, Urteil vom 02.10.2019, Az.: 10 A 10472/19, so auch Dietlein / Heusch, BeckOK Kommunalrecht, § 26 Rn. 44.1). 

Auch der Verweis der Kommunalaufsicht auf den Beschluss des VG Münster vom 09.09.2022 verfängt aus meiner Sicht nicht. Denn die dortige Konstellation (dort ging es um die Wiederwahl eines Beigeordneten und damit um eine Personalentscheidung) ist mit der vorliegenden Konstellation (= Sachentscheidung) nicht vergleichbar. Weitere Entscheidungen, die sich mit der Auslegung des Wortes „einverstanden“ beschäftigen und die Einschätzung der Kommunalaufsicht bestätigen, sind für mich nicht ersichtlich.

Nach alledem bleibe ich dabei, dass die Frage zulässig formuliert ist.“

Die Kommunalaufsicht hat den Bürgermeister angewiesen, gem. § 54 Abs. 2 GO NRW den Beschluss zu beanstanden. Insofern bin ich gehalten, der Anweisung Folge zu leisten, auch wenn dies nicht meiner Rechtsauffassung entspricht.

Eine Beanstandung ist nur dann statthaft, wenn der Beschluss „das geltende Recht“ verletzt. Basierend auf der Stellungnahme der Anwältin der Gemeinde sollte der Beschlussvorschlag dem Rat empfehlen, der Beanstandung nicht Folge zu leisten. 

Im Ergebnis würde es dann auf ein gerichtliches Streitverfahren mit der Kommunalaufsicht hinauslaufen. Dauer und Ausgang des Streitverfahrens wären nicht vorhersehbar. Da solange

das Verfahren ruht und somit der Bürgermeister das Abstimmungsergebnis nicht veröffentlichen darf und sollte, würde ein Streitverfahren die Gemeinde in der Frage zur Errichtung von Windkraftanlagen nicht weiterbringen.

Eine derartige „Hängepartie“ ist auch der engagierten Bürgerschaft nicht zu vermitteln! Die herausragende Teilnahme (über 8.088 Stimmabgaben = über 56 % Abstimmbeteiligung) würde konterkariert werden und wäre auch im Ergebnis nicht sachdienlich. Unverständnis, Demokratieverdrossenheit in der Bürgerschaft wären nur eine natürliche Folge.

Um dem entgegen zu wirken, schlägt die Verwaltung vor, einem ebenfalls gegeben Hinweis  der Kommunalaufsicht zu folgen, und das Ergebnis der Stimmabgaben  als „Ergebnis einer – rechtlich nicht bindenden und gesetzlich nicht geregelten – Bürgerbefragung“ zu bewerten, welche ein Meinungsbild der Bürgerschaft beschreibt und als Grundlage für weitere Überlegungen des Rates der Gemeinde dienen kann.“

Um einem Beschluss des Rates nicht vorzugreifen, wurde entschieden, dass das Ergebnis der Stimmabgaben erst nach entsprechender Beschlussfassung des Rates veröffentlicht wird.

Aufgrund vorstehender Erläuterungen wurde durch den Bürgermeister eine Entscheidungsvorlage als Ergänzungsvorlage für die Ratssitzung am 23.02.2023 erstellt und an die Ratsmitglieder versandt.  

Hierin habe ich gemäß § 54 Absatz 2 GO NRW den Ratsbeschluss vom 22.09.2022 zu TOP 28 Ratsbürgerentscheid zur Errichtung von Windkraftanlagen mit der Vorlagennummer 22 / 2521 beanstandet.

Dem Rat wurden hierauf basierend folgende Beschlussvorschläge unterbreitet:

  1. Der Rat widerspricht der Beanstandung nicht, und hebt den Ratsbeschluss vom 22.09.2022 zu TOP 28 Ratsbürgerentscheid zur Errichtung von Windkraftanlagen auf.
     
  2. Das Ergebnis der Stimmabgaben zum (aufgehobenen) Ratsbürgerentscheid wird als Ergebnis einer – rechtlich nicht bindenden und gesetzlich nicht geregelten – Bürgerbefragung“ bewertet.
     
  3. Der Bürgermeister wird beauftragt, das Ergebnis der Stimmabgabe zu veröffentlichen.

 


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